Endgültiges Aus von Strassen- und Haustürspendensammlungen steht definitiv unmittelbar vor der Tür (27.8.2016)
Anlässlich eines neuen Artikels des deutschen „Südkuriers“ besteht kein Zweifel mehr. „Spendensammelfirmen“ wie DialogDirect, talk2move, Face2Face Fundraising, Wesser oder Corris (Schweiz), im Fachjargon Fundraisingagenturen genannt, sind nicht nur am zusammenbrechen, sondern stehen kurz vor der Auflösung. Die viel interessantere Frage aber lautet: Brechen die Hilfsorganisationen, die jahrelang, teilweise sogar jahrzehntelang, mit solchen Sammelfirmen kooperiert haben, auch zusammen (darunter so grosse Namen wie das Rote Kreuz, Amnesty International oder der WWF)? Denn sie sind ja als Auftraggebende verantwortlich für die Einhaltung der ethischen Werte, die dem Hilfsorganisationsbereich zugrundeliegen. Und diese werden bei diesem Sammelsystem glasklar nicht eingehalten (1. „Non-Profit-Prinzip“, 2. „Transparenzprinzip“ – siehe „Warum sich die Zusammenarbeit zwischen Hilfsorganisationen und Spendensammelfirmen nicht rechtfertigen lässt“).
Aber nun zum Artikel: Sehr spannend ist ja die neue Haltung des DZI, das unter anderem als deutsche „Hilfsorganisationskontrollstelle“ fungiert. Bisher hat diese die Sammelzusammenarbeit wie ihr Schweizer Pendant, die „Zewo“, nämlich geduldet, und i.d.S. auch der Spenderschaft nie wirklich davon abgeraten, bei solchen Aktionen mitzumachen. Die stellvertretende DZI-Geschäftsführerin, Christel Neff rät im Beitrag aber nun ausdrücklich „ab, sich auf der Straße überreden zu lassen.“ Tatsächlich folgt das DZI damit der Haltung der Schweizer Kontrollstelle, denn die Schweizer Zewo-Geschäftsführerin Martina Ziegerer ist auch Präsidentin des ICFO; des internationalen Zusammenschlusses solcher Kontrollstellen. Ziegerer hat also durchaus eine gewisse „Weisungskompetenz“. Und die Zewo hatte bereits letztes Jahr in der Neuen Zürcher Zeitung Abstand von diesem Sammelsystem genommen: „Bei der Zewo gehen regelmässig Meldungen ein, dass bei Sammlungen auf der Strasse oder sogar an der Haustür emotionaler Druck aufgebaut wird, um Personen zum Spenden zu drängen. Gegen solche … Praktiken sollte man sich wehren und sich bei der Zewo beschweren.“
Pikant allerdings: Die Schweizer Kontrollstelle hatte das Sammelsystem die letzten 10 Jahre davor (bzw. vor dem letztjährigen NZZ-Beitrag) nicht nur geduldet, sondern selbst sogar legalisiert! Bis Anfang 2005 verbot die Zewo betreffende Sammelmethode nämlich noch (siehe „Inwieweit ist die Politik in die Affäre Corris verwickelt?). Wie kam denn die plötzliche Duldung überhaupt zustande? Naja, der Mann der Zewo-Geschäftsleiterin, Odilo Noti, ist in der Geschäftsführung von Caritas Schweiz. Und Caritas ist schon seit vielen Jahren (mit einem kurzen Unterbruch) Kunde der berüchtigten Schweizer Sammelfirma Corris, deren Besitzer übrigens auch Mitgründer von DialogDirect ist. Das wiederum ist die Agentur, die eben unter anderem für World Vision Deutschland sammelt; diejenige Hilfsorganisation, um die es unter anderem im Beitrag geht – UND welche auch das DZI-Spendensiegel trägt, also „eigentlich“ vom DZI ausdrücklich als vertrauenswürdig eingestuft wird! Kurz: Nicht nur die Sammelfirmen und die Hilfsorganisationen haben ihre Glaubwürdigkeit verloren, sondern auch die Hilfsorganisationskontrollstellen, oder: Ein Maximal-Chaos ist vorprogrammiert.
PS: Hat eigentlich jemand mitbekommen, dass ein hochrangiger Mitarbeiter von World Vision bis zu 45 Millionen Euro Spendengelder an Hamas weitergeleitet haben soll?